Montag, 4. März 2013

DAS Vorurteil gegenüber Schweizer Musikern


Ich hatte das Vergnügen, vergangenen Freitag bei den Swiss Music Awards dabei zu sein. An dieser Stelle: Danke M-Budget! Ihr seid awesome. Proud Migros-Chind right here.

Ich will aber diesen Blog-Post nicht dazu nutzen, euch zu erzählen, wie super-duper dieser Abend war (zugegeben, es war genial. Best ever!). Aber, als ich von all diesen Musikern – mehrheitlich Schweizer – umgeben war, kam mir ein viel gebrauchter Satz in den Sinn, der mich schon immer störte.

„Die sind so gut, da würde man gar nicht glauben, dass es Schweizer sind.“

Argh, ich bekomme sofort wieder Aggressionsschübe, wenn ich diesen Satz so tippe.

Was soll das bitte heissen? Ich weiss, viele Leute meinen das Ganze positiv und als Kompliment, aber für mich ist dieser Satz eine Beleidigung für die gesamte Branche.

Was dieser Satz wiedergibt ist die Annahme, dass Schweizer Musiker nicht so talentiert sein können, wie ihre Konkurrenten aus den grossen Vereinigten Staaten oder England. BULLSHIT. Wir haben so viele überaus begabte und wunderbare Künstler in der Schweiz! Der Grund, warum das vielen nicht klar ist, ist der, dass wir ihnen nicht die Anerkennung geben, die sie verdienen.

Natürlich gibt es Ausnahmen und es gibt Leute, denen das bewusst ist. Aber die meisten Durchschnittsschweizer orientierten sich an den Charts. Viele setzen erfolgreich mit talentiert gleich und haben das Gefühl, dass gute Künstler diejenigen sind, die viel verkaufen respektive in der Hitparade vorne mit dabei sind. Erneut, BULLSHIT.

Erstens bestimmen Verkaufszahlen nicht das Talent eines Künstlers. Schaut euch zum Beispiel mal die Jahreshitparade von 2012 an: Michel Telo, DJ Antoine, Carly Rae Jepsen, Gusttavo Lima, Flo-Rida, Tacabros undundund.

Was stellen wir fest?

Das sind (in meinen Augen zumindest) keine talentierten Musiker. Da gibt es vieeeeeeel bessere Musiker, denen es aber leider an Bekanntheit fehlt (oder vielleicht mangelt es auch am Geschmack der Schweizer Bevölkerung), um vorne in den Charts mitzuspielen.

Was stellen wir weiter fest?

Die Top-Platzierungen sind mit einer Ausnahme ausschliesslich internationale Künstler. Die Mehrheit von uns Schweizern scheint ausländische Künstler zu bevorzugen. Das ist keine Überraschung, wir Schweizer ziehen sehr oft ausländische Angebote unseren eigenen vor. So als Beispiel aus dem Studialltag: Nirgends werden so viele ausländische (und so wenig nationale) Medien konsumiert, wie in der Schweiz. True story.

Nichts gegen internationale Künstler, auch ich höre mir sie sehr gerne aus. Aber ich versuche schon lange auch immer wieder Schweizer Künstler für mich zu entdecken. Und das sind meistens Künstler, die nicht ständig in den Radios rauf und runter gespielt werden und noch in kleinen Lokalen Konzerte geben. Und nur, weil sich viele Leute nicht die Mühe machen, solche Künstler aufzuspüren und entsprechend nicht kennen, gehen sie davon aus, dass wir in der Schweiz nicht viele talentierte Musiker haben.

ARGH, diese Ignoranz macht mich wahnsinnig. Liebe Leute, gebt der Schweizer Musik eine Chance!

Würden die Leute sich die Zeit nehmen, mal die Schweizer Musikszene zu durchstöbern und unbekanntere Künstler unterstützen, würden Schweizer Artists zunehmend an Anerkennung und Popularität gewinnen. Dadurch wären sie der breiten Masse eher ein Begriff und die Schweiz würde endlich einsehen, wie unglaublich talentiert die eigene Musikbranche ist.

GOPFERTORI, HEITEREFAHNE, HEIMATLAND.

Auf was wartet ihr noch? Springt über euren eigenen Musik-Schatten.

Fangt mal bei den frischgebackenen Swiss Music Award Gewinnern Hecht an, geht dann weiter zu James Gruntz, My Heart Belongs to Cecilia Winter, Alvin Zealot, Swatka City, Dabu Fantastic, Navigator, The Jamborines, Baba Shrimps, Al Pride, Undiscovered Soul, Luca Little, Lina Button, Anna Känzig, Neckless, undundundundundundundund.

PS: Weitere Musiktipps für meine persönliche Horizonterweiterung sind herzlichst willkommen!

5 Kommentare:

  1. Die Berührungsängste mit einheimischer Musik ist durchaus nachvollziehbar. Nehmen wir gestandene Künstler mit nationaler Ausstrahlung: Gölä, Züri West, Patent Ochsner, Lovebugs,...
    Sie zeigen so gut wie keine Entwicklung auf. Früher waren sie innovativ, haben Neues geschaffen. Heute bleiben sie in der Eigenrezyklierung hängen.

    Da kann man nur der Branche danke sagen, die lieber auf Bewährtes setzt, das dabei ist, zu zerbröseln, als auf frisches Blut. Da trägt auch ein Stress Music Award die Schuld mit. Hauptsache, die Primeure der Industrie können sich selbst feiern, obwohl es nichts zu feiern gibt!

    Dabei stimmt's, es gibt hervorragende Schweizer Musik. Nur findet man sie nicht da, wo die Hörgewohnheiten sitzen, also in der Hitparade, im Radio, usw.
    Schweizer Musik ist heute da, wo sie sein sollte: auf der Bühne. Music made in Switzerland ist das, was ihr Ursprungsland auszeichnet: unaufgeregt und durchdacht. Die Alben von Alvin Zealot, Kapnorth, The Fridge und wie sie alle heissen, sind Kleinode voller handmade quality. Grossartige Werke im kleinen Rahmen.

    Aufgesetzter, völlig atypischer Glamour ist da fehl am Platz. Diese Musik verlangt nach konzentrierter Beachtung und Tiefgang. Was mit solcher Kunst bei zu schnell zu viel Aufmerksamkeit passiert, nennt sich heute Pegasus.

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    1. Zuerst mal, vielen Dank für Deinen Kommentar.

      Das Problem bei den Swiss Music Awards ist in meinen Augen das ganze System. Man orientiert sich an Verkaufszahlen. Ich würde es viel mehr begrüssen, wenn es mehr Kategorien / Auszeichnungen à la Best New Talent gäbe, wo genau diese «grossartigen Werke im kleinen Rahmen» Anerkennung bekommen.

      Ich finde es schön, dass es noch Leute wie Dich gibt, wo erkennen, da sich die wahre Schweizer Musikszene abseits der Hitparade und des Radios abspielen. Sämtliche Aussagen, die Du zur Schweizer Musik im dritten Absatz machst, kann ich nur unterschreiben.

      Was mich noch Wunder nimmt, ist Deine Aussage zu Pegasus. Willst Du damit sagen, dass sie dem Kommerz zum Opfer gefallen sind? Und dass die Qualität ihrer Musik abgenommen hat?

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    2. Pegasus haben sich verkauft. Leider.
      Dabei wären es talentierte junge Musiker am Werk. Die können spielen. Stattdessen macht die Industrie Druck und pusht den Sound bis zum Vergasen. Ich habe mir Human.Technology gekauft, weil die Musik interessant war. Mittlerweile kann ich es nicht mehr hören. Dasselbe Spiel mit 77 Bombay Street.

      Dieser Hype um die Musik ist derart kontraproduktiv. Die Songs werden im Radio totgespielt. Ich hatte lange Zeit im Sinn, Konzerte von Pegasus und 77 Bombay Street zu besuchen, mittlerweile ist das in Lustlosigkeit zerfallen.

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    3. @jtroesch: Aber nur, weil die Radios Pegasus oder 77 Bombay Street tot spielen, ändert das doch nix an der Qualität der Musik?

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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