Ich hatte das Vergnügen, vergangenen Freitag bei den Swiss
Music Awards dabei zu sein. An dieser Stelle: Danke M-Budget! Ihr seid awesome.
Proud Migros-Chind right here.
Ich will aber diesen Blog-Post nicht dazu nutzen, euch zu
erzählen, wie super-duper dieser Abend war (zugegeben, es war genial. Best ever!). Aber, als ich von all diesen Musikern – mehrheitlich Schweizer – umgeben
war, kam mir ein viel gebrauchter Satz in den Sinn, der mich schon immer
störte.
„Die sind so gut, da würde man gar nicht glauben, dass es
Schweizer sind.“
Argh, ich bekomme sofort wieder Aggressionsschübe, wenn ich
diesen Satz so tippe.
Was soll das bitte heissen? Ich weiss, viele Leute meinen
das Ganze positiv und als Kompliment, aber für mich ist dieser Satz eine
Beleidigung für die gesamte Branche.
Was dieser Satz wiedergibt ist die Annahme, dass Schweizer
Musiker nicht so talentiert sein können, wie ihre Konkurrenten aus den grossen
Vereinigten Staaten oder England. BULLSHIT. Wir haben so viele überaus begabte
und wunderbare Künstler in der Schweiz! Der Grund, warum das vielen nicht klar
ist, ist der, dass wir ihnen nicht die Anerkennung geben, die sie verdienen.
Natürlich gibt es Ausnahmen und es gibt Leute, denen das
bewusst ist. Aber die meisten Durchschnittsschweizer orientierten sich an den
Charts. Viele setzen erfolgreich mit talentiert gleich und haben das Gefühl,
dass gute Künstler diejenigen sind, die viel verkaufen respektive in der
Hitparade vorne mit dabei sind. Erneut, BULLSHIT.
Erstens bestimmen Verkaufszahlen nicht das Talent eines
Künstlers. Schaut euch zum Beispiel mal die Jahreshitparade von 2012 an: Michel
Telo, DJ Antoine, Carly Rae Jepsen, Gusttavo Lima, Flo-Rida, Tacabros
undundund.
Was stellen wir fest?
Das sind (in meinen Augen zumindest) keine talentierten
Musiker. Da gibt es vieeeeeeel bessere Musiker, denen es aber leider an
Bekanntheit fehlt (oder vielleicht mangelt es auch am Geschmack der Schweizer
Bevölkerung), um vorne in den Charts mitzuspielen.
Was stellen wir weiter fest?
Die Top-Platzierungen sind mit einer Ausnahme
ausschliesslich internationale Künstler. Die Mehrheit von uns Schweizern
scheint ausländische Künstler zu bevorzugen. Das ist keine Überraschung, wir
Schweizer ziehen sehr oft ausländische Angebote unseren eigenen vor. So als
Beispiel aus dem Studialltag: Nirgends werden so viele ausländische (und so wenig nationale) Medien
konsumiert, wie in der Schweiz. True story.
Nichts gegen internationale Künstler, auch ich höre mir sie
sehr gerne aus. Aber ich versuche schon lange auch immer wieder
Schweizer Künstler für mich zu entdecken. Und das sind meistens Künstler, die
nicht ständig in den Radios rauf und runter gespielt werden und noch in kleinen
Lokalen Konzerte geben. Und nur, weil sich viele Leute nicht die Mühe machen,
solche Künstler aufzuspüren und entsprechend nicht kennen, gehen sie davon aus, dass wir in der Schweiz nicht
viele talentierte Musiker haben.
ARGH, diese Ignoranz macht mich wahnsinnig. Liebe Leute,
gebt der Schweizer Musik eine Chance!
Würden die Leute sich die Zeit nehmen, mal die Schweizer
Musikszene zu durchstöbern und unbekanntere Künstler unterstützen, würden
Schweizer Artists zunehmend an Anerkennung und Popularität gewinnen. Dadurch
wären sie der breiten Masse eher ein Begriff und die Schweiz würde
endlich einsehen, wie unglaublich talentiert die eigene Musikbranche ist.
GOPFERTORI, HEITEREFAHNE, HEIMATLAND.
Auf was wartet ihr noch? Springt über euren eigenen
Musik-Schatten.
Fangt mal bei den frischgebackenen Swiss Music Award
Gewinnern Hecht an, geht dann weiter zu James Gruntz, My Heart Belongs to
Cecilia Winter, Alvin Zealot, Swatka City, Dabu Fantastic, Navigator, The
Jamborines, Baba Shrimps, Al Pride, Undiscovered Soul, Luca Little, Lina Button, Anna Känzig, Neckless,
undundundundundundundund.
PS: Weitere Musiktipps für meine persönliche
Horizonterweiterung sind herzlichst willkommen!
Die Berührungsängste mit einheimischer Musik ist durchaus nachvollziehbar. Nehmen wir gestandene Künstler mit nationaler Ausstrahlung: Gölä, Züri West, Patent Ochsner, Lovebugs,...
AntwortenLöschenSie zeigen so gut wie keine Entwicklung auf. Früher waren sie innovativ, haben Neues geschaffen. Heute bleiben sie in der Eigenrezyklierung hängen.
Da kann man nur der Branche danke sagen, die lieber auf Bewährtes setzt, das dabei ist, zu zerbröseln, als auf frisches Blut. Da trägt auch ein Stress Music Award die Schuld mit. Hauptsache, die Primeure der Industrie können sich selbst feiern, obwohl es nichts zu feiern gibt!
Dabei stimmt's, es gibt hervorragende Schweizer Musik. Nur findet man sie nicht da, wo die Hörgewohnheiten sitzen, also in der Hitparade, im Radio, usw.
Schweizer Musik ist heute da, wo sie sein sollte: auf der Bühne. Music made in Switzerland ist das, was ihr Ursprungsland auszeichnet: unaufgeregt und durchdacht. Die Alben von Alvin Zealot, Kapnorth, The Fridge und wie sie alle heissen, sind Kleinode voller handmade quality. Grossartige Werke im kleinen Rahmen.
Aufgesetzter, völlig atypischer Glamour ist da fehl am Platz. Diese Musik verlangt nach konzentrierter Beachtung und Tiefgang. Was mit solcher Kunst bei zu schnell zu viel Aufmerksamkeit passiert, nennt sich heute Pegasus.
Zuerst mal, vielen Dank für Deinen Kommentar.
LöschenDas Problem bei den Swiss Music Awards ist in meinen Augen das ganze System. Man orientiert sich an Verkaufszahlen. Ich würde es viel mehr begrüssen, wenn es mehr Kategorien / Auszeichnungen à la Best New Talent gäbe, wo genau diese «grossartigen Werke im kleinen Rahmen» Anerkennung bekommen.
Ich finde es schön, dass es noch Leute wie Dich gibt, wo erkennen, da sich die wahre Schweizer Musikszene abseits der Hitparade und des Radios abspielen. Sämtliche Aussagen, die Du zur Schweizer Musik im dritten Absatz machst, kann ich nur unterschreiben.
Was mich noch Wunder nimmt, ist Deine Aussage zu Pegasus. Willst Du damit sagen, dass sie dem Kommerz zum Opfer gefallen sind? Und dass die Qualität ihrer Musik abgenommen hat?
Pegasus haben sich verkauft. Leider.
LöschenDabei wären es talentierte junge Musiker am Werk. Die können spielen. Stattdessen macht die Industrie Druck und pusht den Sound bis zum Vergasen. Ich habe mir Human.Technology gekauft, weil die Musik interessant war. Mittlerweile kann ich es nicht mehr hören. Dasselbe Spiel mit 77 Bombay Street.
Dieser Hype um die Musik ist derart kontraproduktiv. Die Songs werden im Radio totgespielt. Ich hatte lange Zeit im Sinn, Konzerte von Pegasus und 77 Bombay Street zu besuchen, mittlerweile ist das in Lustlosigkeit zerfallen.
@jtroesch: Aber nur, weil die Radios Pegasus oder 77 Bombay Street tot spielen, ändert das doch nix an der Qualität der Musik?
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